Wächterhäuser – demnächst auch in Magdeburg?

Gestern abend gab es im Moritzhof eine interessante Informationsveranstaltung zum Thema Wächterhäuser. Der Haushalten e.V. aus Leipzig stellte sein erfolgreich in Leipzig betriebenes Konzept zur Rettung von alten Häuser vor.

Was sind Wächterhäuser oder anders, was macht der Verein?

Der Verein sucht in der Stadt nach alten, stadteilprägenden, aber leider leer stehenden Häusern. Diese Häuser sind oftmals marode und dem Zerfall preisgegeben. Auch in Magdeburg sehen wir dies ja zur Genüge. Die Eigentümer haben entweder kein Interesse oder kein Geld für die Rettung dieser Häuser. Oftmals handelt es sich auch noch um denkmalgeschützte Objekte, was die Rettung nicht unbedingt einfacher macht. Der Verein sucht nun Kontakt zu den Eigentümern und verhandelt mit diesen einen sogenannten Gestattungsvertrag über 5 Jahre aus. Der Eigentümer verpflichtet sich darin, dass Haus in einen nutzbaren Zustand zu versetzen, also Dach dicht, kein Schimmel und die Grundsubstanz ist intakt, sowie Wasser- und Stromanschlüsse auf jeder Etage – also keine Vollsanierung. Der Verein vermittelt nun die Flächen für 5 Jahre an interessierte Nutzer, welche ein Nutzungskonzept vorlegen. Die Nutzer verpflichten sich, die Häuser zu beleben und dabei die vollen Nebenkosten zu tragen. Den Ausbau und die Renovierung übernimmt vollkommen der Nutzer und ist dort im Grunde auch frei in der Umsetzung seiner Ideen. Einzig wenn in die bauliche Substanz eingegriffen wird, also z.Bsp. eine Wand herausgerissen werden soll, muss der Eigentümer zustimmen und natürlich müssen auch die bauordnungstechnischen Vorschriften und Statik usf. beachtet werden. Die Vermittlung und Beratung übernimmt dabei der Verein. Die Nutzung ist nicht vorrangig für Wohnraum vorgesehen, sondern für gewerbliche und Mischnutzungen (ein Riesenatelier mit Wohnraum ist wohl nicht so selten). Oftmals sind es auch Ladengeschäfte in der unteren Etage, die leer stehen. Ist wohl auch ein Problem des deutschen Mietrechts, das zu solchen Konstrukten nötigt, da solch alternative Mietformen nicht zugelassen. Nach 5 Jahren müssen die Häuser eigentlich geräumt werden. Oftmals besteht aber wohl das Interesse, die Häuser so weiter zu betreiben und die Verträge werden verlängert oder aber in normale Mietverträge umgewandelt. Es gibt auch Fälle, wo die Nutzer das Haus dann vom Eigentümer kaufen werden.

Was sind die Vorteile?

Für die Eigentümer: Sie bekommen die Nebenkosten bezahlt, die ja auch bei Leerstand anfallen, die Bausubstanz wird erhalten und meist sogar verbessert und ihr Eigentum ist vor Vandalen und Verfall geschützt.

Die Nutzer: können ihr individuelles Nutzungskonzept umsetzen, die Kosten dabei sind sehr niedrig: eben die Nebenkosten und ein geringer Beitrag berechnet nach Quadratmeterzahl als Fördermitgliedschaft an den Verein ( wohl so um die 0.50 EUR pro qm, je mehr Fläche der Nutzer will, umso geringer wird der Preis)

Und im Endeffekt für die Stadt: das Haus wird belebt und erhalten, das Stadtbild damit verschönert und die kreativen Nutzungskonzepte beleben den Stadtteil. Meist werden auch Arbeitsplätze geschaffen, da oft die Flächen für Existenzgründungen genutzt werden. Ein Vertreter der Stadt Magdeburg war am Abend auch zugegen. Er hatte sich intensiv schon mit dem Thema befasst und die Stadt Magdeburg würde dem Vorhaben von Wächterhäuser positiv gegenüberstehen und unterstützen wo sie können.

Das Projekt läuft in Leipzig sehr erfolgreich, es gibt zur Zeit wohl 13 Häuser, 5 stehen auf der Vorbereitungsliste. Auf der anderen Seite ist die Liste der potentiellen Nutzer so um die 800 Interessenten lang. Also Bedarf ist auf beiden Seiten da: viele  Häuser stehen leer und nach Wohn+Gewerbeflächen Suchende gibts auch genug. Was ich auch toll finde, dass der Verein verschiedene Initiativen in die Häuser holt, die beim Ausbau helfen. So machten einmal litauische Stukateurslehrlinge einen Wettbewerb, wo sie ein ganzes Treppenhaus verschönerten.

Also ich finde dies ein sehr interessantes Konzept. Es gab gestern bei der Veranstaltung auch die ersten Bekundungen, solch einen Verein in Magdeburg zu gründen und auch erste Nutzer wollten ihr Konzept gestern schon loswerden. Ich bin gespannt auf die Entwicklung und würde mir wünschen, dass das ein oder andere Haus in Magdeburg durch diese Initiative gerettet werden würde.