MVB-Preiserhöhung – Zeit für ein Umdenken, Tallinn und Hasselt machen es vor

Die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) kommen mit ihrem Geld nicht aus. Eigentlich ja nichts Neues. Zu einem Teil fließen Zuschüsse der Stadt Magdeburg, welche 100%iger Gesellschafter ist. Das sind zur Zeit knapp 16 Mio €. Hinzu kommen Zuschüsse aus den Verbünden an denen die MVB teilnimmt, alles in allem kommen so im Moment Zuschüsse von 20 Mio € zusammen. Laut Geschäftsbericht der MVB benötigt das Unternehmen in diesem Jahr knapp 53 Mio €. Fehlen nun 33 Mio €. Diese werden durch den Verkauf von Fahrkarten eingenommen.

Wenn nun Gelder fehlen müssen entweder die Zuschüsse, die Einnahmen über die Fahrkarten erhöht, also Fahrpreiserhöhung,  oder aber die Ausgaben gesenkt werden. Nun wollen wir sicher keinen Abbau des Öffentlichen Nahverkehrs vornehmen und gehen einmal davon aus, dass das Unternehmen effektiv genug arbeitet, so dass Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite nicht der richtige Ansatz sind.

Bleiben die Erhöhung der Zuschüsse. Die lehnt die Stadt ab. Also werden wohl demnächst die Preise für die Fahrkarten steigen und so wieder Unmut in der Bevölkerung hervorrufen. Nichts genaues was man nicht, aber die Erhöhung ist bereits in die Wege geleitet und wird uns nun wohl zum 1. August treffen. In der letzten Stadtratssitzung gab es eine Debatte rund um dieses Thema:

Tja, wir sind so schlau wie vorher.

Neue Ideen braucht das Land…

Schauen wir doch mal nach Tallinn. Dort können seit Anfang des Jahres die Einwohner der Stadt den Öffentlichen Nahverkehr vollkommen kostenfrei nutzen. Die eintretenden Effekte dort zeigen erstaunliches. Die Einwohnerzahl hat sich erhöht, weil auf einmal Menschen bisher mit Hauptwohnsitz im Umland sich zurückmeldeten. Damit verbunden sind erhöhte Zugänge an Steuermitteln und Zuschüssen vom Land, da kennen sich die Steuerpolitiker aber besser aus. Weitere Effekte werden noch eintreten. Durch den Rückgang des Individualverkehrs könnten Straßenausbaumaßnahmen anders ausfallen, das Parkplatzproblem wäre keines mehr, die Ausnutzung des Fahrzeugparkes wäre effektiver. Dazu sollte man sich auch die Stadt Hasselt in Belgien ansehen. Dort läuft seit 1997 ein ähnliches ‚Projekt‘. Und der ‚Umbau‘ dieser Stadt ist schon interessant.

Was ich sagen möchte

Wir sollten auch einmal über Möglichkeiten nachdenken, die sich vielleicht im Moment verrückt anhören, aber dabei auch die vielen anderen Effekte berücksichtigen – eine lebenswerte Umwelt, eine bessere Teilhabe von allen Menschen, eine sozialere Gesellschaft. Und dann spielt das Geld nur noch eine untergeordnetet Rolle, weil die vorhandenen Finanzmittel anders verteilt werden können und sich auch erhöhen könnten. Warum probieren wir es nicht aus?

Fahrscheinloser ÖPNV in Magdeburg – ein schwerer Weg

Gestern war ich nun mal wieder zur Sitzung des Stadtrates in Magdeburg. Es gab wieder die üblichen Bebauungsplan- und Satzungsverfahren, vieles wurde nur noch abgestimmt, wenig öffentlich diskutiert. Mich interessierte nun besonders eine Anfrage von Stadtrat Bromberg zum Thema „Aktion zur kostenlosen Nutzung des ÖPNV“ bezugnehmend auf eine Aktion der Leipziger Verkehrsbetriebe. Ich ahnte schon, dass dort wenig bei rum kommt. Anfragen werden oftmals schon mit der Bitte um schriftliche und manchmal auch einer kurzen mündlichen Beantwortung gestellt und in der Regel werden diese dann auch kurz vor Feierabend durchgepeitscht. So auch heute. Es gab dann nur auf die Frage „Ist solche eine Aktion wie in Leipzig in Magdeburg vorgesehen“ vom Oberbürgermeister die kurze Antwort „Ich finde solche Aktionen populistisch.“ Der Rest wird nun wohl schriftlich beantwortet. Es wäre schon mal ein gewisser Gradmesser gewesen, um die Sensibilität für Möglichkeiten eines fahrscheinlosen ÖPNV in Magdeburg auszuloten. Mal schauen, ob zu diesem Thema noch weitere Informationen an die Öffentlichkeit dringen.

Was ich in der Sitzung unmöglich fand, war eine Reaktion auf die Abstimmung eines Antrages, welche allerdings überhaupt nichts mit dem Antrag an sich zu tun hatte. Aus der Sitzung der „Jugend im Stadtrat“ wurde ein Antrag an den Stadtrat weitergereicht, mit dem Inhalt „Einrichtung öffentlicher Toiletten im Rotehornpark“. Ein legitimer Antrag und von der Stadt gab es eine Stellungnahme dazu, wo mitgeteilt wurde, dass es am Aussichtsturm ja eine Toilettenanlage gäbe und weitere nicht als nötig erachtet werden. OK. Es kam zur Abstimmung. Als einziger für den Antrag stimmte Matthias Gärtner, (weiß jetzt grad nicht, ob die Gerüchte über den Austritt aus der NPD stimmen, aber eben für die NPD in den Stadtrat eingezogen), alle anderen stimmten dagegen. Nach der Stellungnahme der Stadt auch ok. Keine Ahnung wer es war, aber irgendwie ging auf einmal durch den Saal in etwa der Spruch „… wenns um Scheiße geht, stimmt er zu …. “ und der halbe Saal kicherte. Ich empfand es als peinlich. Der Antrag wurde damit in eine Ecke gestellt, wo er nicht hingehört.

Meine nächsten Pläne mit Magdeburg

Nun versuch ich seit einiger Zeit mir einen Plan zu geben wie ich mal einsteige ins Geschehen in Magdeburg und komm zum Schluss, das ich keinen Plan hab.

Halt ich also mal kurz fest, was mich so beschäftigt:

  1. die Übertragung der Stadtratssitzung per Livestream und als Nachschaumöglichkeit – ärgert mich ja immer wieder, dass ich nur ein paar Punkte live im Stadtrat mitverfolgen kann. Wär schön, auch mal hinterher reinschauen zu können.
  2. demnächst werde ich mir dann auch mal Ausschusssitzungen antun. Dieses Durchwinken von Anträgen im Stadtrat ist ja nu selten ergiebig.
  3. wär denn abgeordnetenwatch.de nicht auch etwas für unsere Stadträte – der offene Brief ist geschrieben…. Veröffentlichung könnt ja bald kommen. Ich weiß, man hat schon drüber geredet, aber sich nicht dafür entschieden.
  4. die Analyse der Videoüberwachung in Magdeburg, vielleicht einen Stadtplan der Überwachung erstellen.
  5. natürlich will ich auch auch mal in die Finanzen der Stadt reinschauen, naja, im Moment bin ich ja noch in der günstigen Position „einfach mal zu fordern“. Ja, ich weiß, Magdeburg hat viele Millionen Schulden….. 180 Mio EUR sinds im Moment. Schön wäre natürlich, die Finanzen über ein OpenData-Projekt visualisiert zu beziehen. Also:
  6. OpenData – Projekte ständen einer Wissenschaftsstadt wie sich Magdeburg schimpft wohl auch nicht schlecht. Berlin macht es vor
  7. dann hört sich das Integrierte Stadtentwicklungskonzept 2025 spannend an und der Wunsch der Stadträte nach Bürgerbeteiligung daran ist natürlich unterstützenswert. Also erst mal den Lesebengel von 113 Seiten (Anlage 1 ISEK) durch und dann ab zu den Workshops…. die, die hoffentlich bald angeboten werden.
  8. im Rahmen des Stadtentwicklungskonzeptes wäre vielleicht eine Überarbeitung des ÖPNV angebracht. Piraten haben da ja auch Vorschläge.

Und nebenher interessieren natürlich die Themen Datenschutz in der Verwaltung (da gibts demnächst ein Bürgerpanel zum Mitmachen!), Netzversorgung in der Stadt ( offenes WLAN vielleicht?) , mehr Beteiligung der Bevölkerung zulassen und die ganzen laufenden Projekte wie Tunnel, Brückenverlängerung/-erneuerung Strombrücke, die städtische Energieversorgung – dabei eine angesprochene Genossenschaft zum „Zurückholen“ der Stadtwerke oder eine Bürgersolaranlage.

Also es bleibt spannend.