Videoüberwachung – das Allheilmittel im Kampf gegen Kriminalität?

Die Taxigenossenschaft Magdeburg will 2012 in ihren Fahrzeugen eine Videoüberwachungsanlage einbauen lassen und so Überfällen auf Taxifahrer entgegegenwirken. Diese Anlage wird alle 15 Sekunden ein Bild vom Innenraum des Wagens speichern. Nach 48 Stunden wird dieses Bild dann automatisch gelöscht. Im Falle eines Notfalls kann der Fahrer einen Alarm auslösen. Dabei wird ein aktuelles Bild per Mobilfunk an die Taxizentrale geschickt. Die Taxizentrale hat dann weiterhin die Möglichkeit sich den Ton aus dem jeweiligen Taxi unbemerkt zuzuschalten und wird daraufhin weitere Maßnahmen ergreifen können. Zur Auswertung solch eines Falles soll dann unter Einhaltung eines 4-Augen-Prinzipes das Speichermodul, welches sich aus Sicherheitsgründen nicht im Innenraum des Taxis befindet, zugänglich gemacht und die Bilder der letzten 48 Stunden der Polizei zur Verfügung gestellt werden. Die entsprechenden Taxen werden sichtbar mit Aufklebern gekennzeichnet. Weiterhin wird im Blickfeld des Fahrgastes ein kleiner Monitor sein, auf dem dieser das Kamerabild wahrnimmt. Somit ist ein Fahrgast über die Überwachung ausreichend informiert. Die Beachtung des Datenschutzes wird dabei auch nicht als Problem gesehen. So weit so gut.

Wie sieht es nun aber mit der Verhältnismäßigkeit aus?

Die Kriminalstatistik des Landes Sachsen-Anhalt weist für die Jahre 2001-2010 insgesamt 9 Fälle von Überfällen auf Taxifahrer aus. Zwei von diesen sind als versuchter Überfall geführt. Sieben Fälle wurden aufgeklärt. Somit sind 2 ungeklärte Fälle im Land Sachsen-Anhalt bekannt. Nun ist Auslöser dieser Aktion wohl ein dritter Überfall in Magdeburg in diesem Jahr. Somit wird es in der Statistik für 2011 wohl mindestens 3 weitere Fälle geben. Wie die Aufklärungsrate dort liegt ist vorerst nicht bekannt.

Somit ist als Begründung für den Einbau eine geringe Aufklärungsrate nicht gegeben. Die Kosten für Einbau und Unterhaltung der Anlage wird von den Taxiunternehmern selbst getragen werden. Diese werden in Höhe von mindestens 700 EUR pro Fahrzeug, je nach gewünschter Anlage auch bis zu 2.500 EUR liegen.

Wo liegt denn nun das Problem?

Auch wenn alle datenschutzrechtlichen Belange beachtet werden, das Verfahren unter Datenschutzaspekten als unbedenklich eingestuft wird und die Kosten von den Unternehmern getragen werden, ist dennoch die Ausweitung von immer mehr Videoüberwachung im öffentlichen und quasiöffentlichen Raum kritisch zu bewerten. Gerade durch solche, eigentlich nicht wirklich vorteilebringende Videoüberwachung wird das Gefühl einer generellen Überwachung in unserer Gesellschaft die Menschen konditionieren. Sie werden sich angepaßt bewegen und wahrscheinlich auch bestimmte Orte meiden, weil, es könnte ja jemand sehen. Das Misstrauen untereinander wird gefördert (‚du könntest ja böse sein, darum muss ich dich beobachten‘) und auch ein falsches Sicherheitsgefühl wird immer mehr Menschen dazu bewegen, in Notsituation nicht einzugreifen. Zum einen aus Angst etwas falsch zu machen und durch die Protokollierung durch Kameras zur Rechenschaft gezogen zu werden. Zum anderen sind viele heute schon der Meinung, ‚die Polizei schaut ja zu und wird ja gleich da sein und helfen, da brauch ich ja nicht…‘, was eben aber ein Trugschluss ist, hinter vielen Kameras sitzt eben kein Mensch, es wird nur aufgezeichnet.

Soll unsere Gesellschaft wirklich so funktionieren?

Alkoholprobleme werden jetzt per Gesetz ausgeblendet

Ich wollt mir grad das Polizeigesetz hier mal durchlesen, um zu sehen wie es dort mit der Videoüberwachung in unserem Land so steht. Da kam dieser Beitrag in unserer geliebten Volksstimme dazwischen: Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt hat das Polizeigesetz überarbeitet: Das Land will Alkoholverbote im öffentlichen Raum

So kann man natürlich auch für ein schönes Stadtbild sorgen. Unsere gesellschaftlichen Probleme, wie hier eben Alkoholmißbrauch, werden einfach per Gesetz ausgeblendet. ‚Was ich nicht seh, findet nicht statt.‘ Hier wird mal wieder an Symptomen herumgedoktert, ohne wirklich die Ursachen anzugehen. Ursachen: niedriges Bildungsniveau, Existenzangst, Armut und sicher noch einige andere.

So, jetzt versuch ich nochmal was zur Videoüberwachung in der Stadt Magdeburg zu finden. Schreiben wir da mal die Stadt an oder eher die Polizeidirektion? Nach dieser Stellungnahme hat die Stadt da wenig zu melden.

Wer hat die Liste der Standorte von Videokameras? Wer zeichnet wie lange auf? Was kostet das? Wer entscheidet über die Anbringung einer Kamera? Werden auch welche abgebaut, wenn der Anbringungsgrund nicht mehr besteht? Viele Fragen, die beantwortet werden möchten.

Ach, vielleicht schreiben wir einfach mal beide Stellen an.

Der ewige Schrei nach mehr Videoüberwachung

An einer Brücke in Magdeburg wurden 765m Stahlseile von Metalldieben abmontiert und sicher gewinnbringend der Verwertung zugeführt. Leider nicht der erste Vorfall dieser Art in der Stadt. Bereits mehrfach wurden Metallteile und -seile an verschiedenen Bauwerken und Brücken demontiert. Gefasst wurden die Täter bisher nicht, vermutet werden organisierte Banden. Dies ist eine Straftat und gehört bestraft, es ist eine Störung unseres gesellschaftlichen Miteinander, welches wir nicht akzeptieren dürfen.

Leider kann man aber nach solchen Aktionen sicher sein, dass irgendjemand nach einer Videoüberwachung solch „brisanter“ Standorte ruft. So dann auch heut geschehen in einem Leserbrief von Herrn Z. in der Magdeburger Volksstimme. Obwohl Herr Z. auch einen relativ guten Vorschlag in einem Nebensatz erwähnt „…. weil die genau wissen, dass sich kaum ein Ordnungshüter sehen lässt.“, ist seine Hauptforderung  der „…Aufbau einer Videoüberwachung mit heißem Draht zu einem Sicherheitsunternehmen an den neuralgischen Orten…“.

Es scheint wirklich der Irrglaube zu existieren, dass hinter jeder Kamera ein Beobachter sitzt, der dann auch sofort eingreifen kann. Es ist aber mitnichten so, viele Kameras zeichnen nicht einmal auf. Und mit einer Vermummung  nutzt die beste Aufzeichnung dann auch nichts. Auf der anderen Seite vermitteln diese Kameras eine Sicherheit, die nicht existiert. Es wurde schon oft beobachtet, dass Menschen in Notsituationen nicht geholfen wurde, nur weil andere der Meinung waren, die beobachtende Kamera wäre ausreichend, um Hilfe zu bekommen. So wurde dann selbst nicht eingegriffen, ein Notruf wurde nicht abgesetzt und einem Mitmenschen stand man nicht helfend zur Seite. Es wurde einfach weggesehen, die Kamera regelt das ja schon.

Zum anderen ist es nun einmal so, dass ein Großteil der Menschen, die sich beobachtet fühlen, ihr Verhalten anpassen, sie wollen konform sein, ja nicht auffallen. Und dann gibt es aber auch das Gegenteil, Menschen, die sich grad durch die Kamera zu einem provozierenden Verhalten animiert fühlen und dann extrem auftreten. Bei einer flächendeckenden Videoüberwachung, die wohl immer mehr zur Realität wird und viele sich so wünschen, heißt dies für mich: ich erlebe keinen Menschen mehr, so wie er ist, sondern entweder brav unterworfen oder extrem überzogen auftretend. Ist dies wirklich die Gesellschaft in der wir leben möchten?

Auch ist die Videoüberwachung selten eine Lösung der ursächlichen Probleme. Wir sollten hinterfragen, warum diese Metalldiebe unser gesellschaftliches Hab und Gut klauen, dort ansetzen und helfen. Dann werden wir wohl auch eingestehen, dass wir ein verdammt schlimmes soziales Problem haben. Wir buttern Millionen-Milliarden in Banken und Wirtschaft und vergessen darüber um wen und was es eigentlich gehen sollte. Nämlich einfach jedem Menschen ein Leben zu ermöglichen. Ein Leben, was diesen Namen verdient. Und der Personalabbau im Polizeidienst sollte dringend überdacht werden. Wie Herr Z. schon feststellte, Ordnungshüter lassen sich nicht sehen. Ja richtig, weil wir davon immer weniger auf der Straße haben. Wo sind die Streife gehenden Polizisten hin? Wo ist der „Dorfsheriff“?